St. Martin:

Sind nur zwei Tage, die uns trennen, zwei Nächte, eine halbdurchwachte, in der ich n. zu zweifeln wagte. Sind ein Versprechen, das beginnt, zu wirken. 

24-11-2006: zu lesen, was der Mann verlangt. N. ist er, n. war ein weniges wirklich von ihm vorhanden, zwischen mir, dem Cello und einem halboffenen Testament, das sie zwischen uns geworfen hatten. 

27-11-2006: Etwas nach dem Tode hinzutun, darauf kommt es an. Wirklich werden lassen Versprechen und die Einverständnisse, die man sich gab. Ich bleibe wach, ich sitze an Ihrem Bett, Thomas. Sie schlafen, denke ich. Wie der Kopf so liegt, ist kein Leben darin zu ahnen, etwas wärmer n. die Hände als in ein paar Stunden. Sind Sie es denn n.? Sind Sie es dann n.? Ein wenig Wärme vom langsam sich aufgebenden Blut. Ein Rest Schauen der Augen, doch so, wie sie nie wirklich blickten. Nur der Mund ist mir vertraut geblieben, aber unbewegt. In kaum wahrnehmbaren Abständen schließt er sich langsam vom Schrei zum Flüstern, zum Lächeln fast. Innen bleiben, immer innen und unbeweglich sein: das ist Ihnen übrig jetzt, nicht mehr. Ich kann spüren, wie Sie drängen, weil da etwas ist, das sie wollen; das sagen und jenes und ein paar Briefe schreiben, vielleicht ein Gedicht, wenn es erhält. Denn n. ist manches zu singen… 

03-12-2006: Etwas nach dem Tode weiterdenken, als man es vorher wagte. Das sind Ihre Bücher, Thomas, da ist ein Schreibtisch, die aufgeschlagenen Blätter und Briefe, die Sie mitzunehmen dachten, sollte plötzlich gegangen werden müssen. Immer ein Stadium, das alles voraussetzt und wir sind vorbereitet, denken wir… habe ich gedacht. Und dann dieses alte Uhrwerk, das ich so lange besitze. Es gehörte niemandem, nur mir. Ich treffe einen alten Mann, gelb, so dünn, daß jeder Kn.en durchscheint, zahnlos, weil er kein Gebiß mehr braucht. Ein funkelndes Paar Augen, das meine nervösen Schritte beobachtet, zielsicher, ohne jede Müdigkeit, die man dem trockenen Körper glauben würde; statt dessen alles Leben konzentriert in zwei schwarz aufglänzenden Punkten, die ruhelos umherstreifen. Ich nehme auch das n. wahr, im gleichen Rausch, der mich in sein Zimmer versetzt hat. Die Uhr am Fußende des Bettes wird also einfach stehenbleiben und sich nicht mehr stellen lassen. Wenn jemand bei mir gesessen hätte, wäre ich nicht eingeschlafen und vielleicht wären auch die Stimmen im Nachbarzimmer leiser geworden von allein, so daß ich hätte schlafen können, ohne die Welt zu verlassen, jenen leichten, ungefährlichen Schlaf, der mir angewohnt war seit Kriegen, die einmal waren, bevor die Welt sich weitergedreht hatte. Ich nahm also das wahr: ein langes Bett, auf welchem ich in Decken liege, die mich nur wenig schützen, weil ich überall herausrage, mit den Füßen, mit einem Knie, die Arme liegen bloß und die halbe linke Schulter, das friert, wenn ich es sehe. Ein wenig glaube ich mich zittern zu spüren, sachte nur, mit letzter Kraft und vielleicht wenigen aufgerichteten Häärchen am Unterarm, glauben kann ich das nur, weil ich da nicht mehr hinschauen kann, der Kopf läßt sich nicht heben. Daß ich friere, weiß ich. Einer ist n. da, der mich anschaut, doch das wird schwächer. Ich versuche aufzublenden, um mehr vom Licht nutzen zu können, das die Gegenstände abwerfen. N. ein Kasten an der Decke, wo vielleicht einmal ein Film lief, weiß ich das… und welcher… Fragen wurden ja viele gestellt, an wenige erinnere ich mich wirklich. Essen soll wichtig sein, dann das Schlafen, das offene Fenster, von dem Wasser zu trinken. Ist n. viel mehr? Aufwachen, wenn es klopft und die Seite zudecken. Versuche, aufzuschreiben, Harndrang und meine Unfähigkeit, über Minuten etwas zu denken. 

13-12-2006:Ich fahre herum. Ein Wind ist eingetreten durch das Fenster, den ich nicht spüre, nur die Vorhänge sehe ich sich bewegen. Und etwas fliegt davon, glaube ich, jetzt. Jetzt endlich. Immer n. warten darauf, daß es gehen soll, um sich seinen Frieden zu suchen. Diese Nacht, die eine nutzen, wo ich es versprochen habe. Dort geht sie vor, irgendwo läßt sie sich nieder, vielleicht in meiner Nähe, daß ich sie begreifen kann. Die Unaufhörliche umschließt mich und ich werde Gedanke darin. So, daß mir die Tage fehlen, die von ihr durchtränkte waren, jener, die eine letzte geblieben ist. Ich konnte sie nah an mich heran kommen fühlen und wie sie einen suchenden Finger ausstreckte, der eine warme Hand wurde auf meiner kalten. Immer wieder neue Hände, die jenes einzigen alle waren, der sie mir vertraute. 

19-12-2006:Ich gebe eine Richtung auf, nach der es strebte, verliere es nicht, da wächst etwas totes heran, glaube ich. Das Hirnwesen spult leidend in seinen Zügen alles das mir vor die Augen, leere, schwache Augen, die mich nicht mehr sehen. Und ich sehe sie? Kann das und darf das n.? Während es wohl in jeder Sekunde weniger hier ist, wo ich dem Ende der Nacht entgegen schwinde, ohne einmal nur geschlafen zu haben, das ich so sehr wollte. Diese, die eine geerbte Uhrzeit, als ich im Bus nach Hause fuhr, die Duineser Elegien vor mir und Bachs Cello Suiten zu hören hatte für eine schmale halbe Stunde, war Wache schon und Treue, nur, daß ichs n. nicht wußte.

Doch in plötzlichen Zusammenhängen denken ist eine Stärke der Mitglieder der congrégation; spontane Zustände in ihre Wirkungen zu zerlegen (Vektoren) lernte man schon durch einfache Gemeinsamkeiten untereinander die jeder von uns aufwies. Ich werde nicht auseinandersetzen wie wir uns darin von den anderen Gemeinschaften unterschieden die n. nach eigenen Gesetzen handelten. Tatsächlich waren die Unterschiede zu ihnen nicht sehr groß auszumachen, aber im Wesen der Potenz (jener Gradation) lag schon begriffen was nur n. ausgesprochen werden mußte: wir haben weil die Standardschrift hier mehr wog als eine der alten Hochsprachen bald darauf verzichtet wirklich miteinander zu sprechen. Das wichtige hat überlebt das war die Kommunikation und wie sich sich gestaltete in diesen Tagen wenn ihr herangewachsen seid (die drei Kinder und J.) ist für heute unerheblich, worum es geht ist der Satzbau, der ist das Primäre. (bis zu meinen eigenen Wortschatzitaten…, Benn) Wie komm wir da nochmal raus, fragt jemand. Es gibt immerh. die Möglichkeit einer Verneinung, auch einer Verneinung von Wahrheiten die längst anerkannt sind, auch jener die man selbst anerkennt. Dazu genügt es bereits sich in die eigene Geschichte zu begeben. Wie oft haben wir versucht aus Fehlern etwas zu lernen und wie sehr sind wir doch darauf zurückgestoßen worden daß ja das Lernen an sich keine grundgelegene dem Verstand schon beigegebene Eigenschaft ist sondern daß es selbst zu ihm schon einer Vorraussetzung bedarf: einer nicht selbstverständlichen Offenheit den Dingen gegenüber um die es geht. Denn solange wir in uns die Starre halten und die Trägheit kultivieren (was ein natürlicher Willensakt ist – über den wir also hinweggehn müssen) wird sich kein Lernerfolg einstellen können, die Dinge verweigern sich unserer Anschauung. Ich habe einmal vom Interesse gesprochen das zb auch zwischen den Elementarteilchen waltet als eine fünfte (Kraft) neben den klassischen Wechselwirkungen. Solcherart Interesse zum Gegenstand der Betrachtung hin zwingt ihn danach seinerseits gleichermaßen an uns heran und zieht uns aus seiner Umwelt zu ihm hin. Wenn wir uns auf diesem Weg ihm nähern und traun i. unsere eigenen Bemühungen ihn zu erkennen trotz dem immerverhüllenden Unsichtbarschleier (den wir uns gegen die Neugierde vorhängten) zu offenbaren so fällt ein wenig Lichts wie als unserer Monde der gemeinsamen Sonne auf das nächtlich Ersehnte seines Wesens und wird so sichtbar für die von ihrem Spektrum verwöhnten Augen. 

Frére Th.G. jedoch den wir zur Erforschung Unserer Beschaffenheit in die Orakelstätte gesandt haben kehrte nicht mehr zurück sondern benutzte die gewonnenen Erkenntnisse über den Orden zur Flucht innerhalb seines Gesetzes, was eine Katastrophe hieß sollte er mit seinem Wissen zu Einfluß gelangen. N. ist nichts bekannt geworden das auf einen Versuch es zu mißbrauchen hindeutete. In der Zeit jedoch wo darüber Unsicherheit besteht ist keine weitere Schulung der Eleven möglich und dieses hat schlimme Folgen in der Zukunft der pädagogischen Provinz – wenn es denn eine solche überhaupt n. geben konnte. Daß die Schüler nicht mehr ausgebildet würden allein heißt n. nicht daß der Wissenszuwachs einhält; aber der Zerfall des Lehrkörpers in erodierende und restaurative Kräfte dessen die einen davon fasziniert sind freies Wissen über der Tradition stehn zu sehen und deren andere sich dagegen im Kampf gegen jene jegliche Form aufgebende, die Wahrheit zu bloßer Information reduzierende Kommunikation in das Schweigen als letzter Bastion (Kastaliens zB.) zu retten versuchen – dieses wird wenn der Ausgebrochene nicht bald gefaßt wird zur Stillegung der Privilegien führen müssen die das Unterrichten bisher garantierte.

Es fielen ganze Seiten weg des Gedächtnisses und vielleicht werden wir uns nicht daran erinnern wie es war zur Zeit des Orakels. Übrig blieb nur eine Ahnung der leicht zu mißdeutenden Formalie: ob man den Kopf bedeckt oder genau nicht beim Durchtritt der Sphären? Intuitiv möchte man sich dem Alleswisser verbergen und genauso intuitiv seine Hut abnehmen. Cassandra spricht in ihrem Schlaf über die anderen Götter die es wohl auch einmal gab. Jedoch wie die uns lebendig werden sollen bleibt ihr Geheimnis, ein weniges vor den anderen neben den Klagen und allem Haß der aus ihr immer hervorbricht.

Da war Blindheit und taubes Starren in ein wie fremdes Gesicht, das wir doch gewählt hatten lange bevor wir uns ihm wirklich näherten. Es gab überall unsere Brücken in das andere Land. Die Not an Ufern, wo man sich setzte und verhielt… nicht das Leichte, nicht der gerade Weg, sondern jener unbegründete, der bisweilen an ein freies Feld führte, das zu überqueren war und wir fürchteten die Sonne und Gewitter und diese waren dann schwer geworden, zu begehen; neue Felder, neues Regelland, neue Ufer, wo man sich setzte und verhielt. Ich war nicht erfahren. Ich war kein Leiter. Ich war kein Meister. Frau Mahler, ich war nur der Bote, sehen Sie es jetzt? Das Mahlerdiagramm? 

Das soll weitergegeben werden? Wenn ich es zu Ihnen brächte, würden Sie es dann erwachsen lassen, daß ich es nicht bereue? Sehen Sie, genau dieses Nichtwissen, Ihr Schweigen bringt es eben um, bevor die Entscheidung nötig wurde und das Ufer sichtbar, das die geliebte, zu opfernde Tochter mir zutrug. Hör zu, Ewa. Höre in das Feld. Es schwingt: