Die letzten Worte unseres H.S. am Kreuz

Und manche meinten etwas anderes gehört zu haben. Ich aber hörte den Eliah rufen. Doch so weit wollten wir uns jetzt n. nicht vorwagen, das waren die nächsten Geschichten des nächsten Tages und die von morgen weil morgen immer der nächste Tag gewesen war. Heute ist die Geschichte eine andere geworden mit dem letzten Traum des Gehenkten, den ich abgefangen hatte, aufgefangen in der liquid crystal blackbox mit den Mitteln der Kantate, mit dem Tenor des Gustavsliedes und dem Pathos in der Anbetung Manons. Aber dieser Gehenkte entpuppte sich als Frau… ist immer schon eine Frau gewesen – doch… eine Totgebärmaschine. Hier zu sehen sind ein paar ihrer Kinder, aufgereiht an ihren Nabelschnüren hängend, die sich um die Hälse schlangen. Manon aber: lebte, sollte leben und du sollst es auch! schrie sie mir ins Gesicht, damit ich geboren werden kann. 

Ich hingegen hielt mich an anderen Orten auf, wo es schwerfiel, Leidenschaft wirklich zu entdecken. Institution, Bethäuser und Pfarrstühle immer wo ich hinsah, keine Regungen in diesen verstockten Herzen, soviele Wunder man verbringen wollte. Und Wunder waren vollbracht. Es stand ein Werk plötzlich auf des Menschen, das mir Eingebung wurde und Weisung. Nicht, daß ich dessen gerade bedurfte, aber die damalige Leichtigkeit in jenem täglichen Hingang, nein: Weggang, die ich bemerkte, schulte den Blick für das Angelegentliche. Das war eben auch, daß man dankbar sein mußte und zwar nicht in der Demut verharrend, aber in ihr aushaltend, bis eine Erhebung gewollt war. Also sank ich oft auf die Knie, öfter, als ich es vorher jemals hätte ahnen können. Jeder Tod… der nicht dorthin ging, wo ich ihn wünschte, verlangte eine erneute Buße, so als wären alle Gebote niemals erschienen und ich müßte jeden Tag neu taumeln lernen und sich erheben. Erst jenseits der Kastanien könnten solche letzten poetischen Worte in eines Knienden oder Hängenden Traum sein, der mich vielleicht schon viel früher erreicht hätte, wenn ich nur die Ohren zu hören gehabt hätte damals, als die Fontanelle n. geöffnet war. Doch das schloß sich (bis zur Benjaminfeldkraft) und ließ meine Hände achtlos am Körper abfallen, statt dem Nächsten (Celan) in sein Herz zu greifen. Jetzt, im späten Danach, gab es ja keine Urfehde, es gab staatlich verordneten Frieden international und nur Schurkenstaaten hielten sich nicht daran. Die durfte man aber bekämpfen, so einfach war das. Gott schütze mich vor einem genauso wie damals, das man nicht einmal denken darf und bewahre mir eine intuitive Schranke gegen das Gehörte, so daß ich es guten Gewissens verurteilen will. Und das Wollen… wir sehen jetzt, wie sich der schwarze Hut anzieht der schwarze Rock mit Regeln zu lesen über den Tag, die schon fast selbst Gebete sein könnten, so fest sind sie innen in mir drin zu vernehmen. Augustinus wieder zu vergessen lerne ich, was n.? Darauf nur Schweigen, aber das endlich dürfen, als wenn es alles wäre, was je zu wollen möglich war, urgründliches, ein vollkommen verstandenes Schweigen aus der Tiefe jener pia anima. Das hieß nur ausatmen, einatmen, schlafen, essen und: toujours travailler. Wir halten uns ja schon eine Weile auf in diesem Buch. Seamus. Ach ja. Daran muß n. gearbeitet werden, sagt es mir. Fange endlich an zu bauen. Es gab ein Konstrukt, es gab die Idee der Vier Bücher, die immer ein erstes geblieben sind, bis es mich in dieses (Winkel) hier verschlug. Wo plötzlich der Irenkathole war. Vielleicht auch oder ganz sicher war die erste Bewegung eine französische gewesen. In jener klein erwachsenden Welt bildete sich eine Gesinnung aus, tout en francais, telle petit que je ne peux pas vraiment dire si l’etait un esprit ou jusqu’ un truc d’imagination, une danish trick dance des angehenden Existenzialisten. So weit hat mich die Sprache schon gebracht, daß ich den Satz nicht auf Anhieb deuten konnte, also: die Systeme wechselnd (1/9/8/9) – was niemand, der es nicht auch so erlebt hat anders als obsolet bezeichnen würde. Er war doch der einzige übriggeblieben aus dem französischen Ahnherd meiner Familie, dem die Flucht nach dem Heute gelungen war. Ein Satzbau, der bereitwillig aufgenommen wurde vom preußischen Kurfürsten und der unsere Denkweise bis heute zu spalten vermag in eine deutsche und eine französische Grammatik. Denn auf der anderen übermächtigen Seite fand ich mich ja dem Iren gegenüberstehen und war mir nicht mehr sicher, wie lange ich mich oder ob überhaupt ihnen verweigern wollte: Seamus hat seinen Anteil längst gewonnen, aber ob ich mich wirklich eines Tages für Augustinus entschied? Lieber zu beichten als in der peregrinatio die höhere Ehre Gottes der eigenen Ehre zu sehen? Nej, nej, da sträubt sich etwas ganz deutlich… erst die Puritaner… aber um welchen Preis! Wir müssen zurück ins Hudson Valley, um diese Frage nicht nur iroise beantworten zu können. Vielleicht, weil ich einmal jemanden um 20$ betrog und einen andern um 220 Drachmen; aber das ist abgegolten oder? Der Jäger kassierte sein Kopfgeld und der Kopf rollte  – was er nicht mehr mitansehen mußte (Demokrit) weil das alles Parallelebenen sind, wo immer solches stattfindet. Nur in der harmlos primitiven Jetztzeit gliedern sich die Den Satz strukturierenden Bauelemente eben so, und ich möchte einmal darauf achten, was da so vor sich geht. 

Haben wir aufgepaßt? Damals? Als wir n. so klein waren? 1. Wir gingen jeden Tag da raus, wo alle anderen auch hingingen mit den aufgeschnallten Lederranzen, im Winter auch auf Schneegleitern über die zugeschneiten Straßen, sommers oft mit dem Fahrrad später. Also laßt uns zählen: 3,11,1,4,3,4. Um auf die 5.x zu kommen jener kleinen, kleinen Kraft, die uns die Benjaminfeldkraftldkonstante bereitstellte, müssen wir uns n. etwas anstrengen, wir lagen leider nur bei 4.3333. Aber ergibt sich vielleicht etwas anders sinnvolles daraus? Ebenmaß in allen äußeren Angelegenheiten, so daß uns fast schon schwerfällt, uns zu erinnern, wie wir den Satz begonnen haben, allein, wir hätten ihm, ihm (und wenn ich sage er, so meine ich Ihn, Ihn…) eine Dankbarkeit gegenüber empfunden, die aus mehr bestanden hätte denn aus einer schlichten Dezimalzahl: ich wüßte nicht mehr, wie ich nur einen dieser Sätze überhaupt habe schreiben können ohne die Kraft. Aber es ist ja irgendwie gegangen. Auch ohne Kontrapunkt. Den gibt es jetzt, die Fuge erhält sich von selbst zwischen den gefürchteten Weißbuchstaben. Ich muß weiter ausholen: Einmal ging ich einen Wald spazieren, das war ein Urwald, und jemand hatte ihn gemacht, weil er es ein Geschenk sein sollte so, daß sich niemand wirklich darin zurechtfinden würde außer, er äße von einem Baum, der war genannt nach der Erkenntnis von gut und böse. Ich irrte also herum darin ohne Weg und Ziel und hatte mir bald recht schön einen Katalog angelegt von allem, was mir begegnete. Aber ich konnte nichts benennen, das war mir zu schade. Also bat ich, daß mir jemand einen dieser beschriftetet Äpfel da geben möge mit den Zeichen zur Erklärung; so klein war ich aber, daß ich diese n. nicht lesen konnte. Und so aß ich einen der war giftig (gewesen) und vergiftete mich an dem Wurm, der darin kroch. Denn der war unrein: aber das wußte ich jetzt… ich könnte immer so weiter erzählen, jedoch unterbreche ich hier die Substanz für den Einschub: wir sind bei einer Konstante von 10.1666. Und das nur, weil ich mich nicht auf die deutsche Grammatik verließ, sondern zuhilfe nahm, was aus fremden Sprachen in mir schlummerte; ohne selbst erst zu wissen, welche das wohl wären. (Der alte Noah Utnapischtim jener vollgreise Steineleser aus den Zeiten von-vor-der-Flut hatte das bewirkt in den geretteten Geschöpfen: ein Zusammengehörigkeitsgefühl, weil man gemeinsam der Katstrophe entronnen war. Würde sich heute, wer weiß unser Nachbar sein die nächsten Jahrtausende…) 

Ich komme jetzt zu den letzten fünf streitbaren Sätzen dieses allgegenwärtigen Buches zweiten Bandes ersten Teils: ob man sie so nennt oder anders: immer sind entweder wir gemeint oder die anderen und so lange wir uns n. nicht selber heiligsprechen können, sind es immer die Anderen. Und also wird es immer weiter Streit geben: bis wir alles abgelegt haben: 

Ich habe meine Uhr abgelegt. 

Ich habe meinen Ring abgelegt. 

Ich trage eine Kappe, die mir das Denken ermöglicht in diesen heiligen Hallen. 

Im Hof stürzen mit gespenstischem Lärm Eisschollen vom Dach. Der Wind weht ein bißchen, oft wird er laut. 

Aber man kann glauben, davon nichts wissen zu wollen. Ich bin einmal den Elijahu suchen gegangen und jetzt erinnere ich mich an seine ersten Worte, so wahr ich hier stehe unter den Lebenden. Kostbare Worte, eines für das andere; ich hebe sie mir für später auf. Wenn ihr auf sie stoßt, denkt daran, daß ich sie hörenkann wie aus der eigenen Stimme, die riefe. Und das ist nur ein Appell. Der andere hört gleich auf.